Rauchbereich - das Raucherportal der aartalgeister!


Sechs Monate Nichtraucher.

Dies ist die Geschichte von Einem, der sich vor einiger Zeit dazu entschlossen hat, nicht mehr zu rauchen. Nach einem gewissen anfänglichen Optimismus nimmt die Handlung eine Wende und endet schließlich tragisch. Es könnte sich übriggens genau so gut um eine Sie handeln, das ist völlig unwichtig. Namen, Orte und Handlung sind frei erfunden und jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Geschehnissen oder in ihrem Sozialverhalten beeinträchtigten Personen sind rein zufällig.

Es hatte eigentlich damit angefangen, dass meine halbe Wohnung ständig klebte. Vor drei Jahren hatte ich das Wohnzimmer renoviert, doch konnte man davon nicht mehr allzu viel sehen. Die ständig wiederkehrenden Putz - und Spülaktionen, vor allem wenn ich seit Längerem nicht mehr benutztes Geschirr herausholte, nervten mich immer mehr. Ich gehöre zu den Leuten, die nichts halb fertig lassen können und so kam immer Eins zum Anderen, sodass am Ende ein ganzer Tag dafür draufgegangen war.

Nach einer solchen Putzaktion vor einem halben Jahr beschloss ich, mit dem Rauchen aufzuhören. Ich wusste nur noch nicht, wie ich es anstellen sollte. Sollte ich einfach aus einem angebrochenen Päckchen keine Zigarette mehr herausholen und es ignorieren, es aber als Notnagel trotzdem behalten? Sollte ich die Methode wählen, bei der man die Standardsituationen meidet, bei denen man sich eine anzündet? Aber meinen Morgenkaffee wollte ich mir nun nicht nehmen lassen!

Ein Freund wusste Rat: Er meinte, dass ich morgens statt des Kaffees etwas anderes trinken sollte und wenn ich bis zur Ankunft in der Firma nicht dauernd an den dann ersten Kaffee denken würde, könnte ich auch umgekehrt auf die Zigarette verzichten. Außerdem riet er mir, ich sollte einfach aufhören, wenn das Päckchen leer sei, egal zu welcher Tageszeit.

Die Sache mit dem Kaffee hatte zwei Wochen ganz gut geklappt und so kam der Tag, an dem nachmittags die Fluppen alle waren. Während der Arbeit fiel es mir nicht weiter auf, aber auf der Heimfahrt kam das Stück Autobahn, das ich fahren muss und auf dem ich gerne eine rauchte. Am Abend fehlte es mir zu Hause auch, als ich mich zum Fernsehen mit einem Glas Bier hinsetzte.

In der nächsten Zeit verfiel ich immer mehr der Ausweichdroge Gummibärchen, weil ich einfach immer etwas in den Fingern oder zwischen den Lippen brauchte. Ganz am Anfang merkte ich zwar, dass ich mehr Geld in der Tasche hatte, aber meine wirtschaftliche Unterstützung von Haribo begann allmählich, die hochgerechnete Einsparung von 1950 Euro im Jahr aufzuzehren. Dazu bekam ich auch öfter Heißhunger auf Herbes wie Rum-Trauben-Nuss-Schokolade, Erdnüsse und geräucherten Schwarzwälder Schinken.

Mein Gewicht und mein Umfang begannen allmählich zuzunehmen und ich wusste, dass ich dagegen etwas unternehmen musste. Aus dem Grund schloss ich mich der örtlichen Walkinggruppe an und ging zwei Mal pro Woche Schwimmen. Es war zwar sehr unterhaltend, aber ich kam jedes Mal völlig geschafft nach Hause und schlief auf der Couch ein. Mein Gott, waren das Zeiten, als man sich einfach irgendwo traf, zusammensaß und sich bei ein paar Zigaretten unterhielt! Jetzt hatte ich auch kaum noch Konversation im Büro, weil ständig die Hälfte draueßen bei einer Kippe Grüppchen bildete. Ich sah aber keinen Sinn darin, mich ohne dazu zu stellen.

Neuerdings ging ich manchmal zum Essen in ein Lokal, das einen Nichtraucherbereich ausgewiesen hatte. Vom Rauch war sehr wenig zu bemerken, was mich am Anfang immer noch in meiner Entscheidung schwanken ließ. Das hatte ich inzwischen überwunden. Wenn ich allerdings einen der noch freien Plätze ergattert hatte, dann an einem Tisch mit einer Familie mit zwei kleinen Kindern sowie einem etwas größeren, das jedoch auch keine Tischmanieren besaß und auch nicht auf seinem Hintern sitzen bleiben konnte. Sehr bald war ich mit den Themen Krabbelgruppe, Ohrenentzündung und Organisation der täglichen Verbringung der Knirpse in den Kindergarten vertraut. Manchmal waren mir die Tische mit den alten Leuten lieber, denn da erfuhr ich wenigstens von Krankheiten, die ich noch nicht kannte.

Dann besuchte ich meine Eltern in München. Das ist ein ganzes Stück weit weg und bei ihnen ist kaum daran zu denken, einen Parkplatz zu finden. Aus dem Grund war ich schon immer mit der Bahn zu ihnen gefahren und wenn ich alte Bekannte besuchen wollte, konnte ich ihren Wagen nehmen. Auf dieser Fahrt war ich zum ersten Mal nicht in einem Raucherabteil, sondern im Großraumwagen unterwegs. Nachdem mein Ansporn, durchs Nichtrauchen Geld zu sparen, schon aus anderen Gründen beinahe zunichte gemacht worden war, nahm ich ein Ticket für den Großraumwagen zweiter Klasse.

Im Lauf der Fahrt füllte er sich zusehends, bis zuletzt alle Sitzplätze belegt waren und die Fahrgäste im Gang standen. Ich hatte, wie sollte es anders sein, einen Platz am Gang, in dem reger Verkehr herrschte. Ständig kamen und gingen Leute, wichen sich aus und drückten mir dabei Rucksäcke ins Gesicht, in einer Größe, wie selbst Reinhold Messner nie einen hatte. Mir schräg gegenüber saß eine Mutter mit ihrem etwa sechs Monate alten Blag auf dem Schoß, das ununterbrochen nörgelte und schrie und schließlich eine schleimige, helle Masse auf den Teppichboden kotzte.

Allmählich vermischte sich der süßliche Geruch mit dem des Knoblauch geschwängerten Fleischkäses, den mein Nachbar aus einem fettigen Pausenbrotbeutel gezogen hatte. Ich wollte mich schon aufregen, aber die über meinen Kopf verschüttete Cola des neben mir Stehenden ühlte mein Gemüt wieder ab. Der Größe seines Rucksack zu Folge musste er Expeditionsführer gewesen sein

Ich dachte an die Zeiten, als ich im Raucherabteil zu meinen Eltern fuhr, mich völlig entspannt in meinen Sitz flötzte und zwischendurch ein Nickerchen machte. Ich dachte an den Geruch, den ein Pfeifenraucher mit seinem Kolben verbreitete; es war Pfirsich, verriet er mir damals. Als wir im Münchner Hauptbahnhof einfuhren, fühlte ich eine Anspannung in mir. Denn während die kleinen Abteile schon alle leer waren, drängelten sich meine Mitreisenden noch an den Türen, weil jeder der Erste sein wollte.

Hinter mir stand die Mutter mit dem Kleinkind auf dem Arm, das immer noch nach Babykotze roch und seinem Unmut über die Situation in lautem Gebrüll Luft machte - direkt neben meinem Ohr! Irgendwie schaffte es seine Mutter noch, mich ständig gegen den Rucksack des Expeditionsführers zu schubsen.

Ich brauchte fast fünf Minuten, bis ich auf dem Bahnsteig war. Mir wurde allmählich klar, wer für meine ganzen Unannehmlichkeiten verantwortlich war: Es waren die Raucher! Nur wegen ihnen setzte ich mich in Nichtraucherecken und fuhr in überfüllten Eisenbahnwagen! Als ich an einem der Rauchertreffpunkte vorbeikam, packte mich die blinde Wut. Ich trat so lange gegen den Ascher, bis er aus seinen Schrauben riss, herabfiel und sich sein Inhalt auf den Bahnsteig ergoss. Einer fragte mich, was das soll, worauf ich ihm seine Zigarette abnahm, "Ihr scheiß′ Raucher" rief und sie ihm auf der Nase ausdrückte. Etwa eine Stunde später ließ mich die Bundespolizei gehen, wobei der Beamte meinte, dass ich mit einer Strafanzeige zu rechnen hatte.

Am nächsten Montag bat mich mein Chef herein und meinte, dass er mich nicht länger im Betrieb halten könnte, da meine ständigen Pöbeleien wegen des Atems der rauchenden Kollegen und ihrer nach meiner Meinung stinkenden Kleidung den Betriebsfrieden störten.

So sitze ich seit einigen Wochen in meiner Wohnung und schreibe eine Bewerbung nach der anderen, wobei ich stets betone, dass ich Nichtraucher bin. Es hat aber nichts geholfen, denn ich hätte mir die Absagen auch gleich selbst schreiben können. Ich werde aber auf keinen Fall wieder mit dem Rauchen anfangen, denn dazu habe ich jetzt gar kein Geld mehr.


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